Retouren vorhersagen und besser handhaben

Immer mehr Kunden shoppen online. Immer mehr Artikel werden retourniert.

Inhaltsverzeichnis

So wurden laut dem Retourentacho der Universität Bamberg in Deutschland 2018 rund 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel retourniert. Das entspricht etwa jedem sechsten ausgelieferten Paket und jedem achten bestellten Artikel. Trotz aller Bemühungen gehören Retouren schlichtweg zum Onlinehandel dazu. Das trifft insbesondere auf die Fashion Branche zu. Die steigende Anzahl an Artikeln und Pakete, die zurückgeschickt werden, stellt Onlinehändler und insbesondere den Retourenprozess vor große Herausforderungen. Von Warenannahme, Prüfung und Klassifizierung nach Wiederverwertbarkeit, über Wiederaufbereitung und Einlagerung wiederverkaufsfähiger Artikel in den Neuwarenbestand oder der Entsorgung nicht wiederverkaufsfähiger Produkte bis hin zur Kundenkommunikation und Erstattung des Kaufpreises: Die Retourenbearbeitung ist ein aufwendiger und kostenintensiver Prozess. Daher muss dieser stetig verbessert und optimiert werden. Doch wie? Um das Retourenhandling zu beschleunigen, braucht es eine Kapazitätsplanung, die auf der Prognose der zu erwartenden Retouren beruht. Dabei gilt, je besser die Prognosen, desto effizienter können Retouren bearbeitet werden.

Euer Lager quillt oftmals wegen der Vielzahl an Retouren über? Ihr habt mal zu viel und mal zu wenig Personal, um die Menge an Paketen zu bearbeiten? Mit diesem Artikel zeigen wir Euch, wie ihr durch den Einsatz von Machine Learning und der Prognose von Retourenmengen genau diese Szenarien vermeiden könnt.

Das Ausmaß des Retourenproblems

Der Onlinehandel springt aktuell von Umsatzhoch zu Umsatzhoch und auch zukünftig ist ein weiteres Wachstum zu erwarten. Das bedeutet allerdings auch eine steigende Anzahl an Retouren. Retouren stellen Onlinehändler vor große finanzielle, logistische und organisatorische Herausforderungen. Oberstes Ziel von Onlinehändlern ist es daher, Retouren durch präventive Maßnahmen zu vermeiden (präventives Retourenmanagement). Die Möglichkeiten reichen hier von klassischen Maßnahmen wie z. B. detaillierten Produktinformationen oder die Anzeige echter Kundenbewertungen bis hin zu innovativeren Ansätzen wie z. B. online Beratungsdienstleistungen in Form von Virtual Dressing Tools oder der Nutzung von Machine Learning Algorithmen für personalisierte Produktempfehlungen oder die Bestimmung kundenindividueller Retourenwahrscheinlichkeiten.

Ungeachtet der Bemühungen kommt es trotzdem zu Retouren. So liegt die durchschnittliche Retourenquote, einer Studie des EHI zufolge, bei rund 20%. Je nach Produktkategorie sind hier allerdings enorme Unterschiede zu verzeichnen: Während beispielsweise im Bereich Nahrungs- und Genussmittel weniger als 10% retourniert werden, ist die Kategorie Fashion und Accessoires mit fast 40% klarer Spitzenreiter. Retouren sind damit schlichtweg ein unvermeidbarer Bestandteil des Onlinehandels.

Für Onlinehändler bedeuten hohe Retourenquoten hohe Kosten. So betragen die durchschnittlichen Prozesskosten einer Rücksendung 7,93€. Treiber sind hier Transportkosten für Rückversand sowie Personal- und Sachkosten für den Retourenprozess. Hinzu kommen weitere retourenbedingte Kosten, z. B. durch einen Wertverlust der Ware oder aber auch für Call-Center-Personal. Dabei variieren die Kosten stark in Abhängigkeit von u.a. der Retourenanzahl, der Branche und des Artikels, wie nachstehende Tabelle zeigt.

Durch die steigende Anzahl an Artikeln und Pakete, die zurückgeschickt werden, stellen Retouren damit einen enormen Kostenfaktor dar, den es zu kontrollieren gilt. Ziel ist es, die Retouren schnell und effizient zu bearbeiten, um u. a. die Kosten pro Retoure zu senken und die Durchlaufzeit vom Wareneingang bis zur erneuten Verkaufsfertigkeit möglichst gering zu halten. Ein effektives kuratives Retourenmanagement beginnt damit mit der Planung der Retourenmenge. Das bedarf einer Prognose der zu erwartenden Anzahl an Retouren und Pakete. Durch die Verfügbarkeit von immer mehr Daten und Technologien des Machine Learning ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, um möglichst genaue Retourenprognosen zu erstellen.

Die Retourenprognose und ihre Vorteile

Bei der Prognose von Retouren geht es darum, die Menge und den Zeitpunkt von Rücksendungen vorherzusagen. Für die Planung der logistischen Abläufe und die Ressourcendisposition bedarf es insbesondere der Vorhersage der zu erwartenden Retouren auf Paketebene. Denn, um ein effizientes Retourenhandling zu ermöglichen, braucht es Personal. Wie viele Mitarbeiter pro Tag bzw. pro Schicht benötigt werden, hängt jedoch stark von der Anzahl der zu bearbeitenden Pakete ab. Die Retourenprognose liefert damit Antworten auf Fragen wie: Mit welcher Menge an Retouren und damit Pakete habe ich morgen, in der kommenden Woche und in den nächsten Wochen zu rechnen? Unter welchen Umständen wird eine Bestellung retourniert, was sind die wichtigsten Retourentreiber? Und wie viele Artikel befinden sich durchschnittlich in einem Paket?

Je besser das zukünftige Retourenaufkommen vorhergesagt werden kann, desto besser lässt sich der Personaleinsatz planen und auf die schwankenden Kapazitäten abstimmen. Das ist für Unternehmen wichtig, um Retouren effizient und schnell bearbeiten zu können. Durch eine dadurch minimierte Durchlaufzeit können Artikel schneller wieder online gehen und stehen für neue Kunden zum Kauf zur Verfügung. Letztlich können so nicht nur Umsätze gesteigert werden, sondern auch der Kunde profitiert durch eine schnelle Rückerstattung. Das trägt schlussendlich auch zu einer gesteigerten Kundenzufriedenheit und -bindung bei. Zum anderen ermöglicht die Prognose der Retourenmenge natürlich auch eine gezielte Steuerung von entweder internen Logistikressourcen oder entsprechender Logistikdienstleister.

In der Retourenprognose steckt somit großes Potenzial: Sie versetzt Euch in die Lage, einen klaren Überblick über die damit verbunden Kosten und vor allem die benötigten Kapazitäten für Logistik, Lager und Personal zu bekommen. Somit sorgt die Retourenprognose nicht nur dafür, dass Euer Lager nicht im Chaos versinkt, sondern unterstützt auch Eure finanzielle Planung. Doch wie gelingt das Ganze? Und wie kommt Machine Learning hierbei ins Spiel und welche Daten braucht es dafür?

Daten, Machine Learning und die Retourenprognose

Ziel der Retourenprognose ist es, Machine Learning Algorithmen daraufhin zu trainieren, dass diese auf Basis historischer Retouren Muster erkennen, die Rückschlüsse auf die Menge und den Zeitpunkt zukünftiger Retouren zulassen.

Machine Learning (deutsch Maschinelles Lernen, ML) ist eine Teildisziplin der Künstlichen Intelligenz (KI) und ein Oberbegriff dafür, dass künstlich Wissen aus Erfahrung generiert wird. Es umfasst das Trainieren von ML Algorithmen, die automatisch Muster und Zusammenhänge in historischen Daten erkennen. Diese identifizierten Muster lassen sich dann auf neue Daten anwenden, um so Vorhersagen zu treffen.

Damit die Retourenprognose gelingt, muss also zunächst einmal eine genügend große Datenhistorie an Rücksendungen vorliegen. Gerade der Onlinehandel verfügt durch den naturgemäß hohen Digitalisierungsgrad allerdings über weitaus mehr Daten, die zur Erstellung einer möglichst präzisen Retourenprognose herangezogen werden können. Dazu gehören u.a. die folgenden:

  • Anzahl an Bestellungen
  • Informationen über das verkaufte Produkt (z. B. Größe, Farbe, Hersteller, Preis)
  • Informationen zum Kunden (z. B. Geschlecht, Alter, Wohnort, Retourenverhalten)
  • Informationen zum Warenkorb (z. B. Anzahl eines Artikels in verschiedenen Größen, Bestellsumme)

Weitere Datenquellen, die zudem als Vorboten für Retouren herangezogen werden können, sind Informationen zu bereits durchgeführten und geplanten Marketingaktionen (z. B. Rabattaktionen und Kampagnen) oder ein Sortiments- bzw. Kollektionswechsel (z. B. Winter- auf Sommerkollektion).

Neben diesen internen Datenquellen kann es zudem helfen externe Daten, wie z. B. das Wetter, Ferien und Feiertage oder anstehende gesellschaftliche Großevents (z. B. Fußball-WM), als Indikatoren in die Erstellung der Retourenprognose einzubeziehen.

Auf Basis dieser Daten lässt sich sodann prognostizieren wie viele retournierte Pakete und Artikel wann zu erwarten sind. Die dabei gewonnen Erkenntnisse zu den Retourentreibern helfen überdies nicht nur dabei präzise Retourenprognosen zu erstellen, sondern sind auch im Hinblick auf ein präventives Retourenmanagement sehr wertvoll.

Mithilfe der Retourenprognose steht Onlinehändlern somit ein wertvolles Werkzeug zur Verfügung, um das notwendige Übel der Retouren schnell und effizient zu managen.

Fazit

Durch den steigenden Anteil des Onlinehandels und auch wenn Onlinehändler derzeit viel in ein präventives Retourenmanagement investieren, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Retouren weiter zunehmen wird. Eine effiziente Retourenbearbeitung ist daher unabdingbar. Zum einen, um (eine Wiederverkäuflichkeit vorausgesetzt) retournierte Artikel schnellstmöglich dem Kunden wieder zum Verkauf anbieten zu können und zum anderen, um den Kundenansprüchen nach einer schnellen Rückerstattung der Retoure oder eines Produktumtauschs gerecht zu werden. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, werden intelligente Prognosen benötigt. Nur so lassen sich Lagerkapazitäten optimal nutzen und nur so können Bestellmengen besser geplant und der Personalbedarf auf eine schwankende Menge an Retouren angepasst werden. Eine Retourenprognose ist damit ein wertvolles Werkzeug für alle Handelsunternehmen, die ihre Retouren selbst abwickeln, sowie für Retourendienstleister oder Logistikunternehmen.

Ihr wollt wissen wie die Retourenprognose konkret für einen Logistikdienstleister im Online Fashion Bereich aussieht? Dann lest mal rein in unsere gemeinsame Success Story mit der Mode Logistik GmbH & Co. KG, dem Betreiber der Logistik von Fashion ID, dem Onlineshop der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf.

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