Künstliche Intelligenz im Supply Chain Management

Die globalen Lieferketten sind eines der spannendsten und anspruchsvollsten Themen unserer Zeit. Ob Covid, Ukraine-Krieg oder zuletzt das Erdbeben in der Türkei, Störungen in der Lieferkette können schwerwiegende und lang anhaltende Auswirkungen auf Wirtschaft...

Die globalen Lieferketten sind eines der spannendsten und anspruchsvollsten Themen unserer Zeit. Ob Covid, Ukraine-Krieg oder zuletzt das Erdbeben in der Türkei, Störungen in der Lieferkette können schwerwiegende und lang anhaltende Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und das Supply Chain Management (SCM) haben. Hier zeigt sich einmal mehr, wie komplex und anfällig SCM für Störungen ist – sei es durch veränderte Nachfrage von Verbraucher:innen, unvorhersehbare Ereignisse oder Gesellschafts- und Wirtschaftskrisen.

Eine aktuelle Accenture-Studie spricht von “Störungen der Lieferketten könnten die europäischen Volkswirtschaften bis 2023 rund 920 Mrd. Euro ihres BIPs kosten”. Diese Zahl wird alleinig durch einen langjährigen Krieg verursacht. Expert:innen rechnen mit einem Verlust von 318 Milliarden Euro in 2022 und 602 Milliarden Euro in 2023. Was passiert, wenn noch andere Krisen (und die sind unvermeidlich) dazu addiert werden?

Um dem entgegenzuwirken, müssen sich Lieferketten praktisch neu erfinden. Im modernen Supply Chain Management geht es um Widerstandsfähigkeit, Relevanz (Kundenorientierung und Flexibilität) und Nachhaltigkeit. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wenden sich daher immer mehr Unternehmen der künstlichen Intelligenz (KI) zu, um ihre Lieferketten wirksamer und effizienter zu verwalten. Richtig angewandt kann KI vieles leisten – z. B. Einblicke in das Verhalten der Verbraucher:innen geben, zukünftige Trends vorhersagen, Prozesse automatisieren und die Transparenz im gesamten Netzwerk der Lieferketten erhöhen. Durch die Nutzung von KI können sich Organisationen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und gleichzeitig die Kontinuität des Betriebs in Krisenzeiten sicherstellen.

Schauen wir uns einige dieser Potenziale und Anwendungsfälle an.

Demand Forecasting / Nachfrageprognose

Ganz oben auf der Liste für KI in der Lieferkette ist das sogenannte “Predictive Analytics for Demand Forecasting” (dt. vorausschauende/prädiktive Analyse für Nachfrageprognosen). Predictive Analytics im Supply Chain Management wird eingesetzt, um die zukünftige Nachfrage von Verbraucher:innen vorherzusagen, so dass Unternehmen ihre Ressourcen besser verwalten und ihre Produktion entsprechend anpassen können. Zudem können durch den Einsatz von Predictive Analytics Unternehmen Einblicke in das Verhalten der Kund:innen gewinnen, Markttrends vorhersehen und sich auf Veränderungen in der Angebots- und Nachfragesituation vorbereiten. 

Beispiele für vorausschauende Analysen sind die Betrachtung historischer Verkaufsdaten und die Analyse des Kaufverhaltens von Verbraucher:innen sowie die Nutzung von Algorithmen des maschinellen Lernens zur Ermittlung von Korrelationen zwischen verschiedenen Faktoren, die sich auf die Nachfrage auswirken könnten – das geht sogar soweit, dass z. B. auch das Wetter oder politische Ereignisse mitberechnet werden können. Dank Predictive Analytics können Organisationen genaue Prognosen erstellen und ihre Prozesse in den Bereichen Bestand, Produktion und Abwicklung optimieren, was letztendlich die Effizienz in all diesen Bereichen steigert. Auch Kosten lassen sich senken. So können Unternehmen mithilfe von KI-gesteuerten Automatisierungstools die mit der Nachfrageprognose verbundenen manuellen Arbeitskosten reduzieren. 

Bestandsmanagement

Die Bestandsverwaltung ist in der Logistik eine weitere entscheidende Komponente für den Erfolg. Heutzutage erfolgt dieses Management in Echtzeit (engl. Real-Time Inventory Management). Beim Real-Time Inventory Management handelt es sich um eine KI-gesteuerte Technologie, die Unternehmen dabei hilft, ihre Bestände in Echtzeit zu überwachen. Dieses System nutzt Technologien wie RFID-Etiketten, Barcodes, Sensoren und Datenanalyse, um Daten über Lagerbestände und -bewegungen zu sammeln und zu analysieren, damit Unternehmen eine bessere Entscheidungen über ihren Bestand treffen können. Mit der Echtzeit-Bestandsverwaltung können Unternehmen den genauen Standort von Produkten verfolgen, Engpässe oder Überbestände vorhersehen und proaktiv verwalten, die mit der manuellen Nachverfolgung verbundenen Kosten senken – und damit auch die Customer Experience steigern können. 

Beispiele für die Echtzeit-Bestandsverwaltung sind automatische Nachschubsysteme, die Nachschub bestellen, wenn die Bestände niedrig sind, oder intelligente Regale, die die Produktverfügbarkeit überwachen. Wenn man darüber hinaus Real-Time Inventory Management mit Predictive Analytics kombiniert, kann so die Nachfrage vorhergesagt werden, was den Bestellprozess weiter optimiert und Lieferzeiten verkürzt. 

Automatisierung von Prozessen und Verfahren in der Lieferkette

Wo wir schon mal bei der Automatisierung von Prozessen sind – die automatisierte Logistik verwaltet mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz Sendungen und Lieferungen vollständig automatisiert und optimiert. Ähnlich wie im Bestandsmanagement innerhalb eines Lagers werden Sensoren, GPS-Tracking genutzt, um Sendungen zu verfolgen, den Sendungsstatus zu überwachen und mögliche Verzögerungen oder Probleme bei der Zustellung zu erkennen. Dank einer automatisierten Logistik plus der Analyse der Daten können Unternehmen die mit manueller Arbeit verbundenen Kosten senken und die Kund:innenzufriedenheit verbessern durch kürzere und verlässliche Lieferzeiten. Nachverfolgung und Aktualisierungen erfolgen auch hier in Echtzeit. 

Möglich machen das beispielsweise intelligente Container, die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und andere Umgebungsbedingungen während des Transports überwachen, sowie automatisierte Systeme, die die Route für Lieferungen optimieren. Die automatisierte Logistik ist eine weitere Schlüsselkomponente des Supply Chain Managements, da es Unternehmen ermöglicht, ihre Sendungen effizienter zu verfolgen und zu verwalten.

Transparenz in der Lieferkette

In puncto Lieferkettentransparenz geht es mehr denn je um Menschenrechte, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Letzterer Punkt wird nicht nur immer wichtiger für Verbraucher:innen, sondern ist der wichtigste Faktor, wenn es um die ESG-Performance (Environmental Social Governance) geht. Anhand dieser Leistungsdaten wird bemessen, wie reizvoll Firmen für Investoren sind. Von der Reputation mal ganz abgesehen.

KI hilft dabei, diese Bereiche zu verbessern, indem sie Unternehmen mehr Einblicke in ihre Abläufe verschafft. Durch den Einsatz von KI-gestützten Lösungen zur Analyse der Daten aus der Lieferkette sind Unternehmen in der Lage, Bereiche mit Verschwendung (engl. Waste), ineffizienten Prozessen oder nicht ausreichend genutzten Ressourcen zu identifizieren. Durch diese Erkenntnisse können Organisationen ihre Lieferkettenabläufe optimieren, Abfälle minimieren, den Energieverbrauch und Emissionen (CO2 Footprint) verringern und eine verantwortungsvolle Beschaffung von Materialien zu gewährleisten. 

Darüber hinaus kann KI beim Risikomanagement helfen durch Erkennung von Risiken in der Lieferkette sowie der Entwicklung von Strategien, um diese zu mindern. So können beispielsweise mithilfe von prädiktiven Analysen potenzielle ESG-Probleme wie Arbeits- oder Umweltverstöße von Lieferant:innen erkannt werden, bevor sie auftreten. Potenzielle Risiken können proaktiv erkannt und angegangen werden, um sicherzustellen, dass die Tätigkeiten mit den ESG-Standards der Organisation und möglicher Stakeholder und Investoren übereinstimmen.

Optimierung der Lieferwege und schnellere Lieferzeiten

Bei der Automatisierung der Supply Chain haben wir schon die verkürzten Lieferzeiten und die allgemeine Optimierung der Lieferkette angesprochen. 

Durch den Einsatz des maschinellen Lernens kann die Kund:innennachfrage vorhergesagt und die gesamte Lieferkette von der Produktion bis zum Versand optimiert werden. Durch diese Optimierung können auch Probleme schneller erkannt und behoben werden – letztendlich wirken sich all diese Maßnahmen positiv auf den Kund:innenservice aus und Versandkosten fallen insgesamt günstiger aus.

 

Customer Experience 4.0

Die zuvor genannten Verbesserungen wirken natürlich in der Gesamtheit stark positiv auf die Customer Experience. Doch sie hört hier nicht auf – KI ermöglicht es weiterhin den Unternehmen, ihren Kund:innen durch Personalisierung ein abermals besseres Erlebnis zu bieten. Auch hier kommen die vorausschauenden Analysen zum Einsatz. Damit können Bedürfnisse antizipiert werden, sodass maßgeschneiderte Produktempfehlungen und Rabatte an Kund:innen verschickt werden können. Dank der gesammelten Daten können automatisierte Chatbots eingesetzt werden, um einen personalisierten Kund:innenservice zu bieten – rund um die Uhr natürlich. All diese Lösungen helfen und vor allem binden Kund:innen, die das Beste aus ihrem Online-Einkaufserlebnis herausholen – personalisiert und auf ihre Bedürfnisse abgestimmt.

Und es geht sogar noch ein Stück weiter. KI dann ferner dazu verwendet werden, um potenzielle Probleme der Kund:innen zu erkennen und Strategien entwickeln, um diese zu lösen, bevor sie zu einem echten Problem werden. Auch hier kann die prädiktive Analytik eingesetzt werden, um Anomalien im Kund:innenverhalten zu erkennen oder potenzielle Probleme im Service zu erkennen, bevor sie auftreten. Künstliche Intelligenz kann tief in das Verhalten der Kund:innen blicken und Probleme antizipieren.

Schöne neue Welt? Komplexe Zeiten brauchen komplexe Antworten und Lösungen, deswegen ist es unsere Mission bei Pacemaker, Tools und Technologie zeitgemäß auf Herausforderungen anzuwenden. Die Supply Chain und künstliche Intelligenz ist in unserer DNA, und wir werden in den folgenden Artikeln tiefer in die Materie einsteigen. Wir freuen uns auf euren Input und einen regen Austausch!