Einleitung: Compliance und Nachhaltigkeit
Für Unternehmen in der EU hängen die Compliance-Pflichten von den Schwellenwerten der CSRD ab. Die EU-Taxonomie gilt derzeit für große Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: (1) mehr als 250 Mitarbeitende, (2) über 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder (3) mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme. Diese Schwellenwerte werden jedoch im Rahmen des sogenannten „Omnibus-Vorschlags“ überarbeitet. Laut dem Vorschlag der Europäischen Kommission soll die CSRD künftig nur für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden sowie einem Umsatz von mindestens 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von 25 Millionen Euro gelten. Die EU-Taxonomie hingegen würde ausschließlich Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mindestens 450 Millionen Euro betreffen.
Zusätzlich müssen Finanzinstitute und börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ab 2026 die CSRD-Anforderungen erfüllen. Der Omnibus-Vorschlag könnte jedoch eine Verschiebung auf 2027 bewirken. Während KMU derzeit nicht verpflichtet sind, nach der EU-Taxonomie zu berichten, könnten sie durch Investoren oder andere Stakeholder dazu gedrängt werden oder sich freiwillig für die Berichterstattung entscheiden.
Da Investoren, Regulierungsbehörden und der Finanzsektor eine immer größere Transparenz fordern, müssen Unternehmen Nachhaltigkeit als festen Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie etablieren. Ein tiefgehendes Verständnis der EU-Taxonomie ist essenziell, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen, Risiken zu minimieren und die Chancen des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft optimal zu nutzen.
EU-Taxonomie verstehen: Rahmen & Ziele
Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das wirtschaftliche Aktivitäten nach ihrer ökologischen Nachhaltigkeit bewertet. Sie definiert sechs zentrale Umweltziele:
- Klimaschutz – Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, darunter der Ausbau erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Förderung nachhaltiger Mobilität.
- Anpassung an den Klimawandel – Strategien zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber klimabedingten Risiken, beispielsweise durch Hochwasserschutz oder nachhaltige Wasserbewirtschaftung.
- Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen – Initiativen zum Erhalt aquatischer Ökosysteme, zur Reduzierung von Wasserverschmutzung und zur Förderung eines verantwortungsvollen Wasserverbrauchs.
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft – Maßnahmen zur Abfallvermeidung, zum Recycling und zur Entwicklung nachhaltiger Produkte mit dem Ziel einer effizienteren Ressourcennutzung.
- Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung – Maßnahmen zur Begrenzung von Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung durch Emissionskontrollen, nachhaltiges Abfallmanagement und umweltfreundlichere industrielle Prozesse.
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme – Aktivitäten zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, zur Renaturierung geschädigter Ökosysteme und zur Verhinderung der Zerstörung natürlicher Lebensräume.
Damit eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß der EU-Taxonomie als ökologisch nachhaltig gilt, muss sie wesentlich zu mindestens einem dieser Ziele beitragen, ohne dabei erhebliche Schäden (DNSH – „Do No Significant Harm“) an einem der anderen zu verursachen. Zudem müssen Unternehmen die technischen Prüfkriterien der EU erfüllen. Beispielsweise darf eine Klimaschutzmaßnahme keine negativen Auswirkungen auf die Biodiversität oder die Wasserqualität haben.
Zusätzlich sind Unternehmen verpflichtet, die Mindestanforderungen der EU-Taxonomie einzuhalten. Dazu gehören die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Unternehmen müssen ihre Einhaltung dieser Standards nachweisen und sicherstellen, dass keine Verstöße vorliegen.
Die EU-Taxonomie fungiert als regulatorisches Instrument, um Kapitalströme in nachhaltige Investitionen zu lenken, Nachhaltigkeit in Risikomanagementstrukturen zu verankern und ein langfristiges, klimafreundliches Wirtschaftswachstum zu fördern.
EU-Taxonomie-Berichterstattung & Compliance-Anforderungen
Abhängig vom Ergebnis des Omnibus-Vorschlags müssen Unternehmen, die der CSRD-Berichtspflicht unterliegen, ab 2025 oder 2026 ihre Konformität mit den EU-Taxonomie-Kriterien offenlegen. Die ersten Berichte sind entsprechend 2026 oder 2027 fällig. Unternehmen müssen den Anteil ihres Umsatzes, ihrer Investitionen (CapEx) und ihrer Betriebsausgaben (OpEx) ausweisen, der mit nachhaltigen wirtschaftlichen Aktivitäten in Verbindung steht. Dabei wird zwischen taxonomie-geeigneten und taxonomie-konformen Aktivitäten unterschieden:
- Umsatz – Der Anteil der Einnahmen, der aus als nachhaltig klassifizierten Aktivitäten generiert wird.
- CapEx (Capital Expenditure / Investitionen) – Investitionen in nachhaltigkeitsorientierte Projekte, z. B. energieeffiziente Modernisierung von Anlagen oder Ausbau erneuerbarer Energien.
- OpEx (Operating Expenditure / Betriebsausgaben) – Kosten für den Betrieb und die Wartung klimafreundlicher Infrastruktur, Kreislaufwirtschaftsprozesse und nachhaltiges Ressourcenmanagement.
Strukturierter Berichtsprozess:
- Identifikation wirtschaftlicher Aktivitäten, die den Taxonomie-Kriterien entsprechen.
- Bewertung der Konformität mit den EU-Taxonomie-Standards.
- Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse zur Bestimmung des Beitrags zur Nachhaltigkeit.
- Sicherstellung der Einhaltung des DNSH-Prinzips („Do No Significant Harm“) und der technischen Bewertungskriterien.
- Nachweis der Erfüllung der sozialen Mindeststandards.
- Klassifizierung und Ausweisung von Umsatz, CapEx und OpEx gemäß den Taxonomie-Vorgaben.
- Prüfung und Validierung der Aktivitäten vor der finalen Berichterstattung.
- Integration der Ergebnisse in den jährlichen Nachhaltigkeitsbericht.
Dieser strukturierte Berichtsansatz verbessert die Transparenz und erleichtert es Finanzinstituten, Investoren und Regulierungsbehörden, den tatsächlichen Beitrag eines Unternehmens zu den EU-Nachhaltigkeitszielen zu bewerten.
Die EU vergibt keine offizielle Taxonomie-Bewertung, jedoch sind Unternehmen verpflichtet, ihre taxonomie-konformen Aktivitäten durch unabhängige Dritte prüfen zu lassen, um die Auditierbarkeit sicherzustellen. Investoren und Rating-Agenturen können auf Basis der offengelegten Daten eigenständige Nachhaltigkeitsbewertungen entwickeln.
Herausforderungen bei Compliance & Datenmanagement
Die Einhaltung der EU-Taxonomie stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Datenerfassung, -klassifizierung und -berichterstattung. Eine präzise Bewertung der Taxonomie-Konformität über verschiedene Geschäftsbereiche hinweg setzt ein tiefgehendes Verständnis der regulatorischen Anforderungen voraus. Gleichzeitig erfordert die Sicherstellung von Datenintegrität und Auditierbarkeit die Implementierung strukturierter Governance-Prozesse.
Viele Unternehmen stehen vor dem Problem fragmentierter ESG-Daten, die über verschiedene Abteilungen verteilt sind. Dies erschwert eine einheitliche und konsistente Integration, erhöht den Verwaltungsaufwand und erschwert die Vergleichbarkeit der Daten. Da sich die regulatorischen Anforderungen kontinuierlich weiterentwickeln, ist ein proaktives und vorausschauendes Compliance-Management entscheidend, um stets konform zu bleiben.
Die Abhängigkeit von manuellen Prozessen oder isolierten Systemen führt häufig zu Ineffizienzen, erhöhten Fehlerquoten und steigenden Compliance-Risiken. Unternehmen sollten daher auf strukturierte und automatisierte Datenframeworks setzen, um die Datenqualität zu optimieren, Nachhaltigkeitsaspekte nahtlos in die Unternehmensstrategie zu integrieren und den administrativen Aufwand zu minimieren.
Technologie als Schlüssel zur Vereinfachung der EU-Taxonomie-Compliance
Angesichts der Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung spielen technologiegestützte Lösungen eine entscheidende Rolle bei der Vereinfachung von Compliance-Prozessen. Digitale Plattformen für das Nachhaltigkeitsmanagement ermöglichen es Unternehmen:
- Die Datenerfassung zu automatisieren, indem sie mit ERP- und Finanzsystemen integriert werden.
- Standardisierte Berechnungen gemäß den Methodologien der EU-Taxonomie sicherzustellen.
- Nachhaltigkeitskennzahlen in Echtzeit zu überwachen, um fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.
- Prüfbereite Berichte zu generieren, um regulatorische Anforderungen effizient zu erfüllen.
Eine zentrale Nachhaltigkeitsmanagement-Plattform unterstützt Unternehmen dabei, ESG-Daten zu konsolidieren, Governance-Strukturen zu stärken und betriebliche Abläufe nahtlos an Nachhaltigkeitsstandards auszurichten. Die WAVES® Sustainability Management Platform (SMP) bietet automatisierte Compliance-Tools, die die Berichterstattung nach der EU-Taxonomie und der CSRD erheblich vereinfachen. Der Einsatz solcher Lösungen reduziert nicht nur Compliance-Risiken, sondern liefert auch wertvolle strategische Erkenntnisse für eine langfristig nachhaltige Unternehmensführung.
Fazit: Unternehmen zukunftssicher für nachhaltigen Erfolg aufstellen
Mit zunehmender Regulierungsdichte im Bereich Nachhaltigkeit werden Unternehmen, die sich frühzeitig an die EU-Taxonomie anpassen, zu Vorreitern in der nachhaltigen Finanzwelt und unternehmerischen Verantwortung. Complianceist dabei nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern ein strategischer Vorteil, um betriebliche Resilienz zu stärken, Investoren anzuziehen und langfristiges Wachstum in einem sich wandelnden Wirtschaftsumfeld zu fördern.
Durch den Einsatz automatisierter, standardisierter und datengestützter Nachhaltigkeitslösungen können Unternehmen die regulatorischen Anforderungen effizient bewältigen und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunftssicherung leisten. Organisationen, die proaktiv handeln, werden zukünftig an der Spitze der nachhaltigen Wirtschaft stehen.